Nahwärmekonzept
Die Wärmeversorgung ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität, denn aktuell werden ca. 70 Prozent des Energieverbrauchs von Privathaushalten durch das Heizen verursacht, weitere ca. 15 Prozent durch Warmwasser. Der Wärmeverbrauch muss zum einen stark sinken (z. B. durch energetische Sanierungen von Gebäuden), und zum anderen auf erneuerbare Energien umgestellt werden (z. B. durch Wärmepumpen oder den Anschluss an ein Nahwärmenetz).
Vor allem in sehr eng bebauten Gebieten und in der Altstadt ist Nahwärme eine wichtige Lösung für eine regenerative Wärmeversorgung. Die Stadt Biberach hat hier bereits vor der Energiekrise wichtige Schritte angestoßen. In einem aktuellen Großbauprojekt wird ein Nahwärmenetz in der südlichen Biberacher Innenstadt errichtet. Außerdem gibt es bereits einzelne weitere Gebiete in Biberach, die über Nahwärme versorgt werden.
Wie funktioniert ein Nahwärmenetz?
Die grundlegende Idee einer Nahwärmeversorgung ist der Zusammenschluss von mehreren Wärmeabnehmern, die eine große Wärmeerzeugungsanlage gemeinsam nutzen. Alle im Einzugsgebiet liegenden privaten, gewerblichen und öffentlichen Gebäude können an die Wärmequelle angeschlossen werden.
Ein Wärmenetz ist jedoch in der Regel mit hohen Investitionskosten verbunden, daher muss eine gewisse Wärmebedarfsdichte in einem Gebiet erreicht werden. Das bedeutete, dass eine hohe Wärmeabnahme im Verhältnis zur Fläche erforderlich ist. In der Regel ist das zum Beispiel bei großen Ankerkunden wie Schulen und Firmen, bei Gebieten mit vielen Geschossbauten oder bei eng bebauten Gebieten der Fall. Wohngebiete mit vielen Einfamilienhäusern kommen hingegen in der Regel nicht für ein Nahwärmenetz infrage. Hier sind Einzellösungen wirtschaftlicher.
Ein Nahwärmenetz stellt besonders effizient Wärmeenergie zur Verfügung. Denn dadurch, dass nicht jeder zur selben Zeit die maximale Leistung benötigt, werden die Anlagen optimal ausgenutzt. Außerdem können aufwendigere, aber effizientere Technologien eingesetzt werden. Auf den kurzen Transportwegen eines Nahwärmenetzes gibt es auch nur geringe Netzverluste.
Zudem sind Nahwärmenetze eine sehr klimafreundliche Alternative. Häufig nutzen sie bereits hohe Anteile an erneuerbaren Energien. Diese müssen in Zukunft steigen: Bis 2030 müssen Wärmenetze mit mind. 30 Prozent erneuerbaren Energien gespeist werden, bis 2040 mit 80 Prozent erneuerbaren Energien. Bis 2045 müssen dann alle Wärmenetze klimaneutral sein. Mögliche regenerative Technologien für Wärmenetze sind beispielsweise Geothermie, Großwärmepumpen oder Biomasse.
Das Nahwärmenetz in der Biberacher Innenstadt
Die Stadt Biberach baut aktuell in der Innenstadt ein Nahwärmenetz auf. Sowohl große Schulkomplexe (z. B. Mali-Schule, Wieland-Gymnasium und Pestalozzi-Gymnasium) als auch große Verwaltungsgebäude der Stadt und des Landkreises sind zentrale Ankerkunden. Diese haben eine hohe Wärmeabnahme und ermöglichen so einen wirtschaftlichen Betrieb des Netzes. Zudem werden private und gewerbliche Kunden an der Trasse angeschlossen.
Das Nahwärmenetz wird aktuell von zwei Energiezentralen gespeist: Der Energiezentrale Wieland-Gymnasium und der Energiezentrale Memelstraße (siehe orangene Marker in der Karte). Die Energiezentrale Wieland-Gymnasium besteht aus einem Pelletkessel, einem Blockheizkraftwerk und einem Gaskessel. Die Energiezentrale Memelstraße versorgt das Nahwärmenetz über zwei Pelletkessel mit regenerativer Energie aus Holz. Zusätzlich sorgen zwei Blockheizkraftwerke für die notwendige Spitzenlastabdeckung. Um Bedarfsspitzen schnell abzudecken, steht neben dem Gebäude ein großer Wärmespeicher.
Um den großen Wärmebedarf des Netzes zu decken, soll zusätzlich eine Energiezentrale in der Breslaustraße errichtet werden.
Bericht: Neue Heizzentrale muss mehr Wärme erzeugen (Biberach Kommunal Nr. 17/15.05.2024)
Weitere Wärmenetze in Biberach
In Biberach gibt es drei weitere Netze, die von der e.wa riss betrieben werden:
- Im Wohngebiet Hochvogelstraße gibt es seit 2016 eine Anlage zur Nutzung von Erdwärme nach dem Prinzip der Kalten Nahwärme. Dafür wurden 35 Erdsonden bis in eine Tiefe von 200 Metern versenkt.
- In der Rißegger Steige versorgt eine Holzhackschnitzelanlage aus dem Jahr 1999 insgesamt 104 Reiheneinfamilienhäuser und zwei Mehrfamilienhäuser.
- In Fünf Linden versorgen ein hocheffizientes BHKW und ein Gaskessel 20 Mehrfamilienhäuser. Dieses Netz will die e.wa riss sukzessive regenerativ umbauen.
Weitere Informationen gibt es bei der e.wa riss. Wer im Einzugsgebiet wohnt und an einem Anschluss interessiert ist, kann sich direkt an die e.wa riss wenden.
Zudem gibt es private Akteure, die in und um Biberach Wärme liefern: Zum Beispiel der Biomassehof Zell in Rissegg, der unter anderem das Bischof-Sproll-Bildungszentrum mit erneuerbarer Wärme versorgt.
Für die weitere Entwicklung des Netzes in der Innenstadt, sowie der Aufbau bzw. die Weiterentwicklung von Nahwärmenetzen in anderen Teilen von Biberach muss auf Basis der Kommunalen Wärmeplanung ein langfristiger Plan etabliert werden.
Kommunale Wärmeplanung und Gebäudeenergiegesetz
In Baden-Württemberg sind die großen Städte bereits verpflichtet, eine Kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Die Stadt Biberach hat die Kommunale Wärmeplanung Anfang 2024 fertiggestellt. Die Wärmeplanung wurde durch den Bund eng mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes verzahnt (Pflicht zur Nutzung von mind. 65 % regenerativen Energien beim Heizungstausch). Eine Option zur Erfüllung des Erneuerbaren-Anteils ist der Anschluss an ein Nahwärmenetz.
Weitere Informationen zur Kommunalen Wärmeplanung und zum Gebäudeenergiegesetz finden sich nachfolgend:
Kommunale Wärmeplanung Biberach
energiewechsel.de (allgemeine Informationen zum Heizungstausch vom Bund)
Gebäudeenergiegesetz (GEG) (Informationen des BMWSB)