Über das Stadtarchiv

Aufgaben und Zuständigkeit

Die Aufgaben des Stadtarchivs sind vielfältig. Sie lassen sich in die drei Schwerpunkte Archivierung, Nutzung sowie Erforschung und Vermittlung der Stadtgeschichte gliedern.

Lernen Sie das Biberacher Stadtarchiv mit unseren virtuellen Führungen kennen: 

interaktiv.haus-der-archive.de

  • Archivierung (Bewertung, Übernahme, Erschließung sowie Bestandserhaltung): Zu den Kernaufgaben des Stadtarchivs zählt die Bewertung und Übernahme von amtlichen und nichtamtlichen Unterlagen. Bei der Bewertung prüft das Stadtarchiv die angebotenen Unterlagen daraufhin, ob sie aus rechtlichen, gesetzlichen oder historischen Gründen für dauernd aufbewahrt werden sollen, also archivwürdig sind, oder vernichtet werden können.
    Durch die Erschließung in Findmitteln wie Findbüchern und Datenbanken werden die Unterlagen zur Benutzung bereitgestellt.
    Die Aufbewahrung der Archivalien erfolgt unter sachgerechten Bedingungen, damit dieses einmalige kulturelle Erbe unbeschadet der nächsten Generation übergeben werden kann.
  • Benutzung: Das Stadtarchiv berät und unterstützt bei den verschiedenartigsten historischen Nachforschungen in seinen Beständen sowohl vor Ort als auch bei schriftlichen Anfragen. Im Lesesaal können die erschlossenen Archivalien von Benutzer*innen eingesehen werden.
  • Veröffentlichungen, Präsentationen, historische Bildungsarbeit: Das Stadtarchiv veröffentlicht Publikationen, konzipiert Ausstellungen zur Geschichte der Stadt und bietet Führungen sowie Vorträge an. Für Bildungseinrichtungen stellt das Archiv ebenso Angebote bereit.

Archivgeschichte 

Das reichsstädtische Archiv

Bild vergrößern: Vorsatzblatt Repertorium Stipplin Bild:
Vorsatzblatt Repertorium Stipplin
Stadtarchiv BC M 15 Nr 8

Über die Frühzeit des Archivs der Reichsstadt Biberach lässt sich nichts Genaues aussagen. Da jedoch Urkunden des 13. Jahrhunderts erhalten sind, ist eine frühzeitige Organisation der Schriftgutbewahrung anzunehmen. Beim Kirchturmbrand von 1584 geriet die neben der Kirche gelegene Stadtkanzlei durch herabfallende Trümmer in Brand und vernichtete zahlreiche Schriftstücke.

Das älteste Repertorium erstellte im Jahr 1619 der Stadtschreiber Wolfgang Stipplin, nachdem er das Stadtarchiv neu geordnet hatte. Später trugen zwei Senatoren die Verantwortung für das Stadtarchiv.

Zahlreiche Verluste reduzierten die Bestände des Reichsstädtischen Archives. So entnahm im Dreißigjährigen Krieg der Chronist Johann Ernst von Pflummern für das Archiv des Katholischen Rates aus dem Stadtarchiv Dokumente, welche die protestantische Bürgerschaft belasteten, wie die Schmalkaldische Bundesurkunde von 1531. Entgegen den Bestimmungen des Jahres 1649 wurden sie nicht zurückgegeben. 1726 wurde ein neues Findbuch in sieben Bänden angelegt. Zu Zeiten des Kanzleiverwalters Christoph Martin Wieland beschloss man 1766, „die noch übrigen alten und von Feuchtigkeit und Mangel der Luft so übel zugerichteten Acta noch in Zeiten vor dem Moder zu retten“ und als eine absolut notwendige Sache im Neuen Rathaus ein geräumiges, trockenes und feuerfestes Archiv herzustellen. Doch schon 1776 musste der Kanzleiverwalter das Fehlen vieler Kauf- und Kontraktbücher feststellen.

Württembergische Zeit

Ein schwarzer Tag für das Archiv war die württembergische Besitznahme der Stadt. Auf Anordnung des Oberamtmannes Dizinger musste das Archivgewölbe im Neuen Rathaus, dem nunmehrigen Oberamt, binnen 24 Stunden geräumt werden. Die Akten, Amtsbücher und Urkunden teils hinter der Orgel in der Pfarrkirche und teils im Spitalkeller untergebracht. Später wurde das Archivgut an sechs verschiedenen Orten, aufbewahrt, wo sie ungeordnet lagen. 1813 fertigte der pensionierte städtische Registrator Brigel eine „Chronologische Übersicht über die in dem Biberacher Stadtarchiv enthaltenen mehr wichtigen Dokumente und Akten von 1272 bis 1802“ an. Eine große Anzahl der darin verzeichneten Urkunden und einige Akten wurden 1825 in das Staatsarchiv nach Stuttgart gebracht. Die meisten der zurückgebliebenen Akten fielen bis auf geringe Reste der Aktenvernichtungen oder Entfremdungen zum Opfer – sie waren gern als Einwickelpapier benutzt worden.

Besiegelt wurde das Schicksal des Archivs schließlich durch die Aktenausscheidung des Jahres 1828. Die dafür bestellte Kommission fand nur ganz wenige Akten einer weiteren Aufbewahrung für würdig. Die damals von dem Archivkommissär G. J. Brodhag verzeichneten Archivalien sind bis auf Steuerunterlagen, die 1854-1857 einer erneuten Aktenausscheidung zum Opfer fielen, bis heute erhalten und bilden den Kern des Reichsstadtarchivs. Da ein von Viktor Ernst im Jahre 1897 erstelltes Repertorium im Jahre 1969 nicht mehr auffindbar war, wurde das Reichsstadtarchiv in den folgenden Jahren umfassend neu verzeichnet.

Ab 1806 war der Ratsschreiber für das Stadtarchiv zuständig. 1969 wurde erstmals ein Historiker und ausgebildeter hauptamtlicher Archivar des höheren Dienstes in Biberach eingestellt. Er war sowohl für das Stadtarchiv als auch für das Hospitalarchiv und das Archiv der Gemeinschaftlichen Kirchenpflege zuständig. Nach seinem Wechsel in das neu geschaffene Kreisarchiv beim Landkreis Biberach im Jahr 1973 betreute er mit seinen Mitarbeiterinnen die städtischen Archive weiter. 1996 wurde das Stadtarchiv mit der Einstellung einer Dipl.-Archivarin (FH) die Archive wieder hauptamtlich besetzt. In der Folge wurden zusätzlich zu den aus der Verwaltung übernommenen Unterlagen eine zeitgeschichtliche Sammlung angelegt.

Hospitalarchiv und Archiv der Gemeinschaftlichen Kirchenpflege

Anders als das Stadtarchiv blieben das Spitalarchiv und die später im Archiv der Gemeinschaftlichen Kirchenpflege zusammengefassten Akten der Pfarrpflege und der Kirchen- und Kapellenpflege von tiefgreifenden Kassationen verschont.

Das älteste Aktenverzeichnis des Spitalarchives stammt aus dem Jahre 1609. Nach 1774 ließ der Spital sein Archiv neu ordnen und verzeichnen. Auf der Grundlage des von Viktor Ernst 1895/96 angelegten zweibändigen Repertoriums erarbeitete Roland Seeberg-Elverfeldt 1955-1958 drei Findbücher, die bis heute die Grundlage für jede Benutzung bilden. Das Spitalarchiv war seit jeher im Hospitalgebäude untergebracht, zuständig waren in der Reichsstadtzeit ebenfalls zwei Senatoren, ab 1806 der Hospitalverwalter.

Das Archiv der Gemeinschaftlichen Kirchenpflege wurde nach wechselnder Unterbringung ab 1850 im Kirchturm verwahrt. Die älteste, aus 1282 stammende Urkunde, findet sich im Archiv der Gemeinschaftlichen Kirchenpflege. Das ausführliche Findbuch ist Pfarrer Kurt Schaal zu verdanken. Für die Archive der Kirchen- und Kapellenpflege bzw. für das Archiv der Pfarrpflege waren die jeweiligen Amtungen zuständig, nach deren Zusammenlegung zur Gemeinschaftlichen Kirchenpflege der Kirchenpfleger.

1857 übergab die Stadt die Archivalien des Evangelischen Rates, die später den Bestand Reichsstadt des Evangelischen Kirchenarchivs bildeten, der Evangelischen Kirchengemeinde. Das Archiv wird heute im Evangelischen Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart-Möhringen verwahrt. Das im Eigentum der Katholischen Kirchengemeinde St. Martin stehende Archiv des Katholischen Rates befindet sich im Kreisarchiv.

Archivgebäude

Ältester Archivraum war vermutlich der Raum im Turm der Stadtpfarrkirche. Da die Archivalien in ungenügendem Zustand waren, wurde 1766 im Rathaus ein neuer Archivraum eingerichtet.

1802 musste dieser geräumt werden und das gesamte Stadtarchiv wurde in der Stadt auf sechs Gebäude, unter anderem im Spitalkeller, verteilt. Erst 1827 wurde der Archivraum im Spitalkeller neu hergerichtet. Da an diesem Platz im Jahr 1846 die heutige Braithschule erbaut wurde, fand das Stadtarchiv im ehemaligen Viehstall des Alten Spitals – neben dem dort seit 1603 untergebrachten Spitalarchiv – seine neue Heimat. 

1977-1981 wurde im Untergeschoss der Volkshochschule (Oberen Schranne) nach archivischen Gesichtspunkten ein Archivmagazin eingerichtet. Damit war es möglich, die drei Archive von Stadt, Hospital und Gemeinschaftlicher Kirchenpflege in einem Haus zusammenzufassen.

Nach der Sanierung des sogenannten „Roten Bau“, dem ehemaligen Bürgerheimgebäude der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist Biberach, konnte im Jahr 2016 das Stadtarchiv gemeinsam mit der Wieland-Stiftung mit Wieland-Archiv das „Haus der Archive“ beziehen.

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