Stadt will Generationenwohnen fördern
Im Ringschnaiter Baugebiet „Krautgärten II“ sollen vier Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern bebaut werden. Der Bauplatzpreis wurde mit 210 Euro pro Quadratmeter bereits im vergangenen Jahr festgelegt, jetzt befasste sich der Hauptausschuss mit den Vergabekriterien. „Wir wollen das Generationenwohnen fördern“, sagte Lukas Ritzler, Amtsleiter Liegenschaften und Wirtschaftsförderung. Drei der vier Grundstücke sollen an private Häuslebauer verkauft werden, ein Platz an einen professionellen Anbieter.
Die von der Verwaltung erarbeiteten Vergabekriterien zielen darauf ab, dass sich in Ringschnait Interessierte zu einer Bauherrengruppe zusammenfinden und gemeinsam zwei oder drei Eigentumswohnungen bauen können. Hierdurch sollen Kosten eingespart und dennoch ein hohes Maß an Mitsprache bei der Planung ermöglicht werden. Angesprochen werden sollen auch Familien, die mit mehreren Generationen unter einem Dach wohnen wollen, oder Großfamilien mit vier oder mehr Kindern. „Es ist ein Versuch“, sagte Lukas Ritzler im Hauptausschuss. Es gehe darum, die Marktlage und das Interesse an einem solchen Projekt zu erörtern. „Generell wollen wir bezahlbaren Wohnraum schaffen.“
Nach Einschätzung der Verwaltung dürften die vier Grundstücke im Gebiet „Krautgärten II“ für Bauträger aufgrund der maximal drei Wohneinheiten eher uninteressant sein, weshalb drei davon an Privatpersonen gehen sollen. Das Vergabeverfahren sieht vor, dass sich Interessierte aus beiden Gruppen auf alle vier Plätze bewerben können. Die Vergabe erfolgt nach einem Kriterienkatalog. Bei Privaten ist dieser in die drei Bereiche „Ortsbezug, soziale und finanzielle Gesichtspunkte“, „städtebauliche/architektonische Vorgaben“ und „energetische/ökologische Vorgaben“ aufgeteilt. Bei den sozialen Gesichtspunkten werden auch Aspekte bepunktet, die insbesondere für diese Grundstücke relevant sind. Darunter Generationenwohnen, Generationenwechsel im Bestandsbereich, Wohnraum für Großfamilien und Bauherrengemeinschaften. Die Anforderungen für professionelle Anbieter sind höher. So müssen diese auch wohnungspolitische Vorgaben erfüllen. Stattdessen entfällt das Kriterium „Ortsbezug, soziale und finanzielle Gesichtspunkte“. Ringschnaits Ortsvorsteher Walter Boscher erklärte, der Ortschaftsrat habe den Vergabekriterien zugestimmt. Er merkte aber an, dass die fünfseitige textliche Ausarbeitung zur Richtlinie für die Vergabe der Grundstücke nicht zum Bürokratieabbau beitrage. Lukas Ritzler ergänzte, dass in diesem Fall der Aufwand in der Tat hoch gewesen sei. „In diesem Rahmen ist das aber für eine rechtssichere Vergabe notwendig.“
Zustimmung und vereinzelte Nachfragen kamen von den Fraktionsvertretern. „Wir finden das Projekt spannend und würden uns freuen, wenn es so funktioniert“, sagte Stefanie Etzinger (FW). Sie wollte wissen, wie bei Bewerbungen von Bauherrengruppen mit Kriterien wie Arbeitsplatz und Ortsbezug umgegangen wird. Ulrike Wachter (SPD) begrüßte es, dass Bauherren mehr Flexibilität ermöglicht werde. „Das trägt zur Vielfalt bei.“ Auch Hildegard Ostermeyer (FDP) signalisierte Zustimmung und sprach von einem „echten Paradigmenwechsel“. Bislang sei die Vermarktung von Mehrfamilienhäusern in den Teilorten eine Herausforderung gewesen. Es sei wichtig, auch privaten Bauherren generationenübergreifendes Wohnen zu ermöglichen. „Es ist einen Versuch wert“, sagte Peter Schmogro (CDU). Das Projekt sei ambitioniert, für die Bauherrengruppen eventuell auch aus rechtlicher Sicht. Er zog in Zweifel, ob mit Blick auf die ökologischen und energetischen Vorgaben von preisgünstigem Bauen gesprochen werden könne. „Die meisten Punkte bekommt der, der sich am meisten leisten kann.“ Schmogro fragte außerdem nach, ob es Sanktionen bei Nichteinhalten der Kriterien gibt. Als „guten Kompromiss“ ordnete Ute Rieber (Grüne) die Vergabekriterien ein. „Die Idee des Mehrgenerationenwohnens ist absolut zukunftsweisend.“
Keine Rechtsberatung
Zur Punktevergabe bei Bauherrengruppen erklärte Amtsleiter Ritzler, dass entweder ein Durchschnittswert gebildet oder die Punkte des Hauptantragssteller berücksichtigt würden. Beim Zusammenschluss von Privaten sei es in der Tat so, dass einige Rechtsfragen aufkommen könnten. „Eine Rechtsberatung dürfen wir nicht anbieten“, sagte Ritzler. Allerdings wolle man die Bauherren so weit wie möglich begleiten – hierbei wird das Stadtplanungsamt im Rahmen der Planungs- und das Liegenschaftsamt im Rahmen der Bewerbungsphase unterstützen. Zu guter Letzt erklärte er, dass bei Nichteinhaltung der Kriterien eine Vertragsstrafe drohe. Die Vergabekriterien für das Projekt „Kleine Mehrfamilienhäuser“, die es so in den vergangenen Jahren in Biberach nicht gegeben hat, wurden im Hauptausschuss einstimmig befürwortet. Der finale Beschluss steht am 22. Mai im Gemeinderat auf der Tagesordnung.