Gemeinderat fasst Satzungsbeschluss für „Nördliche Innenstadt“: Sanierungsgebiet mit zwei prominenten Gebäuden

Die nördliche Biberacher Innenstadt soll aufgewertet werden. Dabei helfen könnte ein neues Sanierungsgebiet. Erste vorbereitende Untersuchungen hierfür durch das beauftragte Büro STEG waren bereits 2023 auf den Weg gebracht worden. Jetzt stand der Satzungsbeschluss an, den der Gemeinderat mehrheitlich fasste. Im Sanierungsgebiet „Nördliche Innenstadt“ liegt neben dem leerstehenden „Bader- Haus“ (Kirchplatz 7) auch das ehemalige Kaufhaus Steigerlager. Der 1988 errichtete Gebäudekomplex mit Tiefgarage und Wohnungen weist gravierende Mängel in der Substanz auf, laut Voruntersuchung ist eine Sanierung und nachhaltige Nachnutzung der Gewerbeflächen nicht darstellbar. Stattdessen wird ein Abriss und an gleicher Stelle ein „kleinteiligerer Neubau“ vorgeschlagen.
Bild vergrößern: Mithilfe des Sanierungsgebietes soll auch die Zukunft des Steigerlagers geklärt werden.
Mithilfe des Sanierungsgebietes soll auch die Zukunft des Steigerlagers geklärt werden.

Seit dem Startschuss für die ersten Untersuchungen hat sich einiges getan. Nicht nur der Name des als „Ehinger Straße/Bismarckring“ gestarteten Sanierungsgebiets ist mittlerweile ein anderer, es ist in Richtung Süden auch größer geworden. Aus einer zunächst angedachten Größe von 4,4 wurden 5,5 Hektar. Unter anderem auf Antrag eines privaten Eigentümers, der in der Bürgerturmstraße sanieren will, ist das Sanierungsgebiet in diesem Bereich um drei Grundstücke erweitert worden.

Stadtplanungsamtsleiter Roman Adler umriss im Gemeinderat, welche Ziele verfolgt werden und welche Chancen damit verbunden sind. Um die nördliche Innenstadt aufzuwerten, sollen private Sanierungen angestoßen und Lösungsansätze für das Steigerlager und das Haus Kirchplatz 7 gefunden werden. Außerdem wird eine Verbesserung der Wohnverhältnisse angestrebt. Vermieden werden soll hingegen eine Gentrifizierung durch „Luxussanierungen“. Von privater Seite seien im vergangenen Jahr zehn konkrete Anfragen eingegangen, berichtete Adler. „Wir stellen ein reges Interesse der Eigentümer in diesem Gebiet fest, zwei Bauherren wollen unmittelbar anfangen.“ Zwei Informationsveranstaltungen mit den Eigentümern habe es bereits gegeben.

Laufzeit bis Ende 2039

Das Sanierungsgebiet ist auf 15 Jahre angelegt, kann aber noch verlängert werden. Auf Grundlage der Sanierungsziele und des Maßnahmenplans wurden förderfähige Kosten von knapp zehn Millionen Euro ermittelt. Fast 4,9 Millionen Euro davon würden auf den Abriss des Steigerlagers entfallen, weitere etwa 1,6 Millionen Euro auf öffentliche Stellplätze im Steigerlager (Tiefgarage). Auch das Pestalozzi-Haus ist Teil des Konzepts, für dessen Modernisierung förderfähige Kosten von 1,2 Millionen Euro notiert sind. Auf private Maßnahmen im Untersuchungsgebiet, bei denen die Förderobergrenze in der Regel bei 80.000 Euro liegt, entfällt eine weitere Million Euro.

Vom Regierungspräsidium Tübingen ist bislang ein Förderrahmen von 1,9 Millionen Euro bereitgestellt. Bund und Land tragen 60 Prozent dieser förderfähigen Kosten, die Stadt Biberach 40 Prozent. Eine Aufstockung kann jährlich bedarfsorientiert beantragt werden. Über die bislang nicht über den Förderrahmen abgedeckten Kosten muss die Stadt eine „Eigenfinanzierungserklärung“ abgegeben und bestätigen, dass sie die Finanzierungslücke selbst tragen könnte. Abgewickelt wird das Sanierungsgebiet – im Gegensatz zu jenen in jüngerer Vergangenheit – im gesetzlichen Regelverfahren. Man habe versucht dies zu vermeiden, im aktuellen Fall habe man aber leider keinen Ermessensspielraum, bedauerte Roman Adler. Nach intensiver Abstimmung mit dem Regierungspräsidium müsse das Regelverfahren genutzt werden.

Für die Eigentümer im Sanierungsgebiet wirkt sich das in mehrerlei Hinsicht aus: Alle Grundstücke erhalten einen Sanierungsvermerk im Grundbuch, Sanierungen müssen genehmigt werden, die Stadt hat außerdem ein Vorverkaufsrecht. Während Adler bei den Genehmigungen das Ziel vorgab, diese innerhalb von zwei Wochen zu bearbeiten, bezeichnete er das Vorkaufsrecht als „sehr theoretisches Konstrukt“ sowie „Notbremse der Stadt“, wenn Sanierungsziele maßgeblich gefährdet würden. Hinzu kommt, dass ein Ausgleichsbeitrag für Bodenwertsteigerungen im Gebiet erhoben werden könnte – beispielsweise durch eine erhebliche Verbesserung der Infrastruktur oder eine Aufwertung des Stadtbilds. Eigentümer müssten dann eventuell Ausgleichsbeiträge für die Wertsteigerung des Grundstücks zahlen. Roman Adler ordnete allerdings ein, dass die Bodenwerte jetzt schon relativ hoch seien. Das Thema deutlicher Wertsteigerungen sehe die STEG hier nicht.

Bei den Fraktionsvertretern stieß das Sanierungsgebiet auf ein geteiltes Echo. Claudia Reisch (FW) verwies auf die Möglichkeiten, die sich für private Eigentümer ergäben. „Wir hoffen, dass viele diese Chancen nutzen.“ Auch bei Steigerlager und „Bader-Haus“ hoffe sie auf für alle Beteiligten möglichst zufriedenstellende Lösungen. Walter Scharch (SPD) bezeichnete es als absolut begrüßenswert, wenn Wohnraum erhalten werde oder gar neuer entstehe. Beim Steigerlager sei der Betrag für den Abriss allerdings kein geringer. Ihm stelle sich die Frage, ob Kosten und Nutzen im Verhältnis stünden. Scharch kündigte die Enthaltung der SPD an. Es gehe in diesem Gebiet in erster Linie um Wohnraum und weniger um Handel, sagte Günter Warth (FDP). Seitens der Stadtverwaltung müssten Sanierungsvorhaben deshalb entsprechend unterstützt werden. Die Bodenbewertungen am Ende dürften nicht dazu führen, dass Eigentümer zur Kasse gebeten werden.

Friedrich Kolesch (CDU) erklärte, seine Fraktion werde unterschiedlich abstimmen. Die CDU sei grundsätzlich für Sanierungsgebiete, diese hätten in Biberach schon viel Positives bewirkt. Man sei bei diesem Gebiet aber lange davon ausgegangen, dass das vereinfachte Verfahren Anwendung finde. „Dass dies das Regierungspräsidium anders sieht, wissen wir erst seit Fe bruar“, kritisierte Kolesch, der sich diese Information von der Verwaltung früher gewünscht hätte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende charakterisierte das Steigerlager als „zentrales Objekt“ des Sanierungsgebiets. „Wir wünschen uns, dass hier etwas passiert. Aber dieser Weg bedeutet für viele andere Eigentümer im Gebiet einen hohen Preis.“ Kolesch beurteilte viele der Vorgaben des Regelverfahrens kritisch. Allen voran die möglichen Bodenwertsteigerungen, die eine „klare Belastung“ der Eigentümer seien und die die Stadt nicht in der Hand habe. „Am Schluss entscheiden das Gutachter.“

Josef Weber (Grüne) zeigte sich optimistischer. Seine Fraktion freue sich auf das Sanierungsgebiet und begrüße dieses. „Wir wünschen uns, dass viele Eigentümer die Chance nutzen und ihr Gebäude positiv verändern.“ Er sei gespannt, was sich bei den Objekten Steigerlager und „Bader-Haus“ tue. Ralph Heidenreich (OLLi) nahm Bezug auf den bislang bewilligten Förderrahmen in Höhe von 1,9 Millionen Euro und wollte wissen, welches Restrisiko die Stadt habe. Beim Steigerlager befürchte er, dass man vom Wohl des Investors abhängig sei und die Stadt sich in eine „extrem schwierige Situation“ begebe. „Das Ding ist für uns zu groß.“ Da er aber auch keine andere Lösung habe, werde er sich enthalten.

16 Ja-Stimmen

Roman Adler erklärte, dass die Stadt beim Steigerlager im Moment kein Risiko eingehe. „Sie haben es komplett in der Hand“, sagte er zu den Räten. Zunächst gehe es darum, dass das Steigerlager Teil des Sanierungsgebiets werde. Wie es danach weitergehe, müsse mit einem potenziellen Investor besprochen werden. Der Gemeinderat entscheide dann, ob die Konditionen akzeptabel seien. 16 Räte stimmten am Ende für das Sanierungsgebiet, drei dagegen. Sieben weitere enthielten sich, drei waren befangen.