Hauptausschuss gibt 70.000 Euro für weitere Schutzmaßnahmen frei: Mehr Sicherheit bei Großveranstaltungen

Nach den jüngsten Amokfahrten in mehreren deutschen Städten macht sich auch die Stadt Biberach Gedanken, wie Innenstadt und Gigelberg bei Großveranstaltungen besser geschützt werden können. Wesentlicher Bestandteil dieser Überlegungen, die diese Woche im Hauptausschuss präsentiert wurden, sind mit Stahlseilen verbundene Betonquader. Diese dienen nicht nur als Barriere, sondern gewährleisten auch, dass Flucht- und Rettungswege frei bleiben. „Es gibt aber kein Schema F“, sagte Ordnungsamtsleiterin Anna Kleine-Beek. „Wir müssen bei jeder Veranstaltung flexibel reagieren.“
Bild vergrößern: Wielandstraße mit Blumenschutzkübeln
Pflanzkübel wie hier in der Wielandstraße sind nicht nur ein gestalterisches Element, sie können auch die Fahrbahn enger machen. Die Sicherheitskonzepte für künftige Großveranstaltungen sehen darüber hinaus weitere mobile und stationäre Schutzelemente
vor.

Kleine-Beek verwies im Hauptausschuss auf die gestiegene Anschlagsgefahr bei Veranstaltungen, vor allem durch Fahrzeuge, die in Personengruppen gelenkt werden. „Wir müssen nachjustieren und reagieren, insbesondere beim Zufahrtsschutz.“

Die Herausforderung sei, zum einen die Zufahrt von Fahrzeugen zu verhindern, zum anderen aber auch Rettungs- und Fluchtwege freizuhalten. Gerade auf dem Marktplatz sei die Absicherung von Großveranstaltungen wie dem Schützenfest, dem Christkindles- Markt oder dem „Christkindle ralassa“ aufgrund der vielen Gassen und Straßen sehr aufwendig. Überdies dürften die Bedürfnisse von Einzelhandel, Gastronomie und Anwohnern nicht außenvorgelassen werden. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte sehen die künftigen Sicherheitskonzepte eine Kombination mobiler und stationärer Schutzelemente vor. Da im Haushaltsplan für das laufende Jahr hierfür keine Mittel berücksichtigt sind, fallen nun voraussichtlich außerplanmäßig 70.000 Euro an. Diese muss der Hauptausschuss genehmigen. Wie Ordnungsamtsleiterin Kleine-Beek ausführte, sollen je nach Örtlichkeit und Veranstaltung Betonquader zum Einsatz kommen und durch Poller, Schranken oder mobile Barrieren wie große Fahrzeuge ergänzt werden.

Unterschiedliche Anforderungen

So könne flexibel reagiert werden: Der Tanz auf dem Marktplatz bringe andere Anforderungen mit sich als der Tanz durch die Jahrhunderte oder das „Christkindle ralassa“. Die Quader, so Kleine-Beek, seien gut geeignet, weil sie außerhalb der Veranstaltung wenig stören und den Straßenverkehr kaum beeinflussen würden. Außerdem könnten sie mancherorts – zum Beispiel auf dem Gigelberg – ganzjährig stehen bleiben, seien daher spontan einsetzbar und verursachten wenig Personalaufwand beim Baubetriebsamt. Nach dem Vorbild von Wangen im Allgäu, das 27 mit Beton gefüllte Metallwürfel selbst baute, habe es zur Herstellung dieser Barrieren bereits erste Gespräche mit Firmen gegeben. Am Beispiel Wielandstraße/Consulentengasse, die beim Schützenfest in den Fokus rücken, erklärte Kleine-Beek die möglichen Bestandteile eines Schutzkonzepts in und um diesen Bereich.

Oberbürgermeister Norbert Zeidler ergänzte, dass dies eine Vorlage sei, „die wir leider machen müssen, sie ist notwendiges Übel“. An Schützen bekomme jede Veranstaltung ein eigenes Sicherheitskonzept. Die Betonquader seien zudem kein Beitrag zu „Unser Dorf soll schöner werden“. Die Fraktionsvertreter bedauerten, dass verschärfte Maßnahmen ergriffen werden müssen, waren sich aber auch ob deren Notwendigkeit einig. Die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen scheinen unumgänglich zu sein, sagte Christoph Kapfer (Grüne). Eine 100-prozentige Sicherheit könne aber nicht gewährleistet werden. Kapfer tat sich mit Gestaltung und Symbolik der Betonquader schwer. Er bat zudem auch um Konzepte für andere Bereiche wie den Viehmarktplatz. „Wir finden es erschreckend, dass wir uns damit befassen müssen“, sagte Stefanie Etzinger (FW). Bei den Betonquadern stehe der praktische Nutzen im Vordergrund, sie könne sich aber für eine schönere Gestaltung ein Kunst- oder Graffitiprojekt vorstellen.

„Leider müssen wir das wohl machen“, sagte Elise Allgaier (SPD). Die beim „Christkindle ralassa“ platzieren Lkws hätten in ihr aber ein „komisches Gefühl“ ausgelöst. Hildegard Ostermeyer (FDP) lobte die Verwaltung für ihren vorausschauenden Ansatz, beantragte aber eine Analyse mit einzelnen Standorten und verschiedenen Varianten – zu Letzteren zählte Ostermeyer auch versenkbare Poller. Auch Andreas Holland (CDU) brachte diese Variante ins Spiel. Betonklötze seien immer sichtbar und negativ behaftet. Er stellte ebenso den Antrag, eine Analyse der Sicherheitssituation zu erstellen.

Anna Kleine-Beek erklärte, die angesprochenen Poller seien die „High-End-Lösung“. Sie seien nicht nur teuer, sondern bräuchten unterirdisch viel Platz, der in der Innenstadt aufgrund von Leitungen und Kanälen meist nicht vorhanden sei. Eine detaillierte Gefahrenanalyse sei bereits erfolgt, auch in Absprache mit der Schützendirektion. OB Zeidler ergänzte, dass eine „allgemeine Gefahrenbetrachtung“ der Innenstadt keinen Sinn ergebe, jede Veranstaltung müsse einzeln bewertet werden. Nach weiteren Wortmeldungen verdeutlichte Zeidler, dass die Erstellung von Sicherheitskonzepten laufendes Geschäft der Verwaltung sei. „Das werden wir nicht öffentlich machen.“

CDU-Rat Peter Schmogro setzte der Debatte ein Ende. „Das Ordnungsamt ist dafür da, Ordnung zu schaffen. Da gilt unser volles Vertrauen.“ FDP und CDU zogen daraufhin ihre Anträge zu einer Gesamtanalyse der Sicherheitssituation zurück. Das Votum des Hauptausschusses, 70.000 Euro für Zufahrtsschutz bei Veranstaltungen bereitzustellen, fiel einstimmig aus.