Vorentwürfe für Baugebiet Hirschberg präsentiert – Mehrheit fordert mehr Einfamilienhäuser: Auf der Suche nach dem passenden Mix
Passend zum Auszug des letzten Nutzers auf dem einstigen Klinikareal nimmt die Gestaltung des Wohngebiets Hirschberg in der Öffentlichkeit wieder Fahrt auf – Mitte Januar hatte das DRK die Räume der alten Rettungswache verlassen. Baubürgermeister Simon Menth umriss im Bauausschuss, was seit der Freigabe des Vorentwurfs vor zwei Jahren alles passiert war. Unter anderem hatten sich die Rahmenbedingungen für die Planung des elf Hektar großen Areals maßgeblich verändert. So wurden bei den Abrissarbeiten im südlichen Bereich, der an die Riedlinger Straße angrenzt und wo einst das Kreispflegeheim stand, überraschend mehrere Baukörperteile im Gelände gefunden. Diese teils mehrgeschossigen Bauwerke müssen im Hang bleiben, da dieser sonst abrutschen würde. Ein Verkauf dieser belasteten Flächen an private Bauherren ist für die Verwaltung schwer vorstellbar, weshalb dieser Abschnitt nochmals deutlich umgeplant wurde. Ein Abschnitt, dem aufgrund des Straßenlärms, des Baumbestands und der Topografie ohnehin enge Grenzen gesetzt sind.
Hinzukommt, dass eine erste Prognose der Baulandpreise vorliegt. Laut Verwaltung muss mit einem Quadratmeterpreis von 400 bis 500 Euro gerechnet werden. Sie weist zwar darauf hin, dass diese Prognose aufgrund vieler Unsicherheiten noch sehr grob sei. Aber bereits jetzt ist klar, dass es auf dem Hirschberg unter anderem wegen der hohen Grunderwerbskosten und des großen Erschließungsaufwands deutlich teurer wird als bei den Baugebieten, die zuletzt in der Kernstadt beziehungsweise in Rindenmoos entwickelt wurden. Dort lagt der Quadratmeterpreis für Einfamilienhausgrundstücke bei 220 bis 250 Euro, für den Geschosswohnungsbau nach dem Bieterverfahren bei bis zu 500 Euro pro Quadratmeter.
Ziel: bezahlbarer Wohnraum
Damit einher gehen grundlegende Entwicklungen im Wohnungsbau: hohe Baukosten, schlechtere Finanzierungskonditionen, weniger Fördermöglichkeiten. Diese Faktoren und die Grundstückspreise haben laut Verwaltung „erhebliche Auswirkungen auf die mit dem Baugebiet anzusprechenden Zielgruppen“. Nicht nur werde der Bau von Einfamilienhäusern im Wohngebiet Hirschberg nur für einen engen Kreis von Bauherren möglich sein, nach Ansicht der Verwaltung erscheinen die ursprünglichen Planungsziele in Teilen auch nicht mehr erreichbar. Sie betont ausdrücklich: „Zentrales Ziel der Baugebietsentwicklung sollte weiterhin sein, bezahlbaren Wohnraum für eine vielfältige, sozial durchmischte Bewohnerschaft zu schaffen und auf das geänderte Nachfrageverhalten zu reagieren.“
Wie dieses Ziel unter den geänderten Vorzeichen erreicht werden soll, stellte Judith Schweizer (Hähnig & Gemmeke) vor. Sie präsentierte im Bauausschuss drei Varianten mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Variante A legt den Fokus auf das freistehende Einfamilienhaus, Variante B auf das kompakte Einfamilienhaus, Variante C auf das Einfamilienhaus in Kombination mit bezahlbarem Wohnraum. Die grundsätzliche Idee ist weiterhin, das Gebiet auf drei unterschiedlichen Höhenplateaus zu entwickeln, umgeben vom vorhandenen Baumbestand. Für Radfahrer und Fußgänger soll es über die drei Plateaus hinweg von Norden nach Süden eine durchgängige Wegeverbindung geben, die über öffentliche Plätze miteinander verknüpft werden. „Das Gebiet soll auch einladend werden für Menschen, die dort nicht leben und arbeiten“, erklärte Schweizer.
Die drei gemeinsam mit der Verwaltung ausgearbeiteten Varianten unterscheiden sich teils erheblich bei der Anzahl an Wohneinheiten, die auf dem Hirschberg einmal zur Verfügung stehen sollen. Der vom Gemeinderat vor zwei Jahren beschlossene Vorentwurf sah insgesamt 363 Wohneinheiten vor. Verteilt auf 34 freistehende Einfamilienhäuser, 64 kompakte Einfamilienhäuser sowie 203 Wohneinheiten im freien und 62 Wohneinheiten im geförderten Wohnungsbau. Variante A berücksichtigt nun fast die gleiche Anzahl freistehender Einfamilienhäuser (31) wie der Vorentwurf, der Anteil an kompakten Einfamilienhäusern (20) wird jedoch deutlich reduziert. Stattdessen sind 346 Wohneinheiten für den freien Wohnungsbau und 73 für den geförderten Wohnungsbau geplant. Dies ergibt unterm Strich 470 Wohneinheiten.
Bis zu 532 Wohneinheiten
Variante B kommt sogar auf 532 Wohneinheiten. Sie weist mit 58 Wohneinheiten pro Hektar die höchste Dichte auf – im Vorentwurf waren es 41 Wohneinheiten pro Hektar. Der freie Wohnungsbau findet sich bei Variante B mit 403 Wohneinheiten wieder, im geförderten Bereich würden 80 Wohneinheiten entstehen. Ergänzt wird diese Variante durch 34 kompakte und 15 freistehende Einfamilienhäuser. Variante C wiederum weist bei insgesamt 485 Wohneinheiten den größten Anteil an gefördertem Wohnungsbau (102) auf, auf den freien Wohnungsbau entfallen 333 Wohneinheiten. Für die Einfamilienhäuser verbleiben 26 (kompakt) beziehungsweise 24 Plätze (freistehend).
Ehe sich die Fraktionsvertreter zu Wort meldeten, merkte Baubürgermeister Menth an, dass die drei Entwürfe versuchen, eine planerische Antwort auf die topografischen Besonderheiten, die derzeitigen Rahmenbedingungen und die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu geben. „Das hat seinen Preis“, räumte er ein. „Wir weichen von den ursprünglichen Größen ab.“ Dies löste bei den Räten unterschiedliche Reaktionen aus.
Silvia Sonntag (Grüne) begrüßte, dass unterschiedliche Varianten erarbeitet wurden. Allein schon die Topografie erfordere eine Umorientierung. Sonntag hob hervor, dass durchgehend mehr Wohneinheiten berücksichtigt sind. Ihre Fraktion spreche sich für Variante C aus. „Variante A lehnen wir ab.“ Auch Constantin Ruppel (SPD) lobte die Ausarbeitung mehrerer Optionen unter Berücksichtigung der genannten Aspekte. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Fokus nicht mehr auf dem Einfamilienhaus liegt.“ Variante A sehe er sehr kritisch, Variante C biete hingegen den meisten Platz für geförderten Wohnraum. Hier liege deshalb die Präferenz seiner Fraktion, auch im Sinne eines ersten Schritts in Richtung verdichtetes Wohnen.
Ursprüngliche Vorgaben erfüllen
Skeptisch äußerte sich Flavia Gutermann (FW). Es sei klar gewesen, dass der Vorentwurf nicht ohne Änderungen bleibt. „Trotzdem bin ich frustriert, dass jetzt etwas ganz anderes auf dem Tisch liegt.“ Die drei Varianten hätten nichts mit dem einst Beschlossenen zu tun, es sei nochmals stärker verdichtet und die Anzahl an Einfamilienhäusern teilweise halbiert worden. „Wo ist unser alter Beschluss hin?“, fragte Gutermann. Sie forderte eine Überplanung der Varianten, die näher am Vorentwurf liegt. Dieser Haltung schloss sich Günter Warth (FDP) an. „Kein Entwurf ist zufriedenstellend.“ Er kritisierte vor allem Variante C. Der bisherige Beschluss werde auf den Kopf gestellt. „Wir raten dazu, die Vorlage zurückzuziehen.“ Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und hochwertigem Wohnen könne bei diesen Entwürfen „nicht annähernd“ gedeckt werden.
Petra Romer- Aschenbrenner (CDU) äußerte sich ähnlich. Es gebe einen Gemeinderatsbeschluss, der einen Mix aus rund 350 Wohneinheiten mit einer bislang in Biberach nicht vorhandenen Wohndichte beinhalte. „Wir erkennen die Bemühungen der Verwaltung an“, sagte sie. „Wir halten es aber nicht für den richtigen Weg, pauschal deutlich mehr zu verdichten.“ Sie bat darum, die ursprünglichen Vorgaben des Gemeinderats zu erfüllen. Dass die Quote an gefördertem Wohnungsbau erhöht wird, könne ihre Fraktion mitgehen. Die heutigen Beschlussanträge lehne die CDU aber ab. Romer-Aschenbrenner schlug vor, zunächst die detaillierte Vermessung des Geländes vorzunehmen und angesichts der schwierigen Topografie auch ein 3D-Modell erstellen zu lassen.
Simon Menth fasste zusammen, dass es für den Verwaltungsvorschlag keine Mehrheit gibt. Er zog die Beschlussanträge zurück und versprach, die Anregungen mitzunehmen. Insbesondere soll bei der Wohndichte auf jenes Maß zurückgegangen werden, das vor zwei Jahren fixiert worden war. Auch soll sich der Rahmenplan wieder an der ursprünglichen Quotierung der verschiedenen Bautypen orientieren. „Wenn wir die Daten der Vermessung und eine Variante D haben, stellen wir es Ihnen wieder vor.“